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wz-newsline.de, freitag, 5. november 2004 11:30

Aus dem Dunkel ab in die Kunst

Mit 30 kann nicht mehr so schnell weglaufen. Bilder und Objekte von Ex-Graffiti-Sprühern in der Galerie der Kulturfabrik.

Krefeld. Man sieht Luftblasen vor blauem Hintergrund. Man liest als Titel "Sodastream". Aber all das führt in die Irre. Denn eigentlich hat der Künstler, der sich Neck nennt, wieder einmal nur sein Pseudonym dargestellt. Nur nicht wie früher auf einer Wand und schnell im Dunkeln hingesprüht, sondern zwar noch mit Sprühfarbe, aber auf Leinwand. Acht Künstler aus der Graffiti-Szene Düsseldorfs und Kölns zeigen als Gruppe "Off The Wall" Bilder und Skulpturen in der Galerie der Kulturfabrik. Vernissage ist am kommenden Sonntag ab 18 Uhr, die Ausstellung endet am 12. Dezember.

Pubertäre Selbstdarstellungslust ist der Beginn aller Graffiti, die viele in unseren Breiten immer noch ausschließlich für Schmiererei halten. Die meist männlichen Sprüher verewigen ihre Pseudonyme auf Häuserwänden und Zügen. Der Witz ist: die meisten Betrachter erkennen noch nicht einmal, dass es sich um Schriftzüge handelt. Die Zeichen werden derart transformiert, dass die Codes nur für Eingeweihte lesbar sind. Codierung und Transformierung sind Prinzipien, die man in der Kufa-Ausstellung nachvollziehen kann. Neck kann einem erklären, wie man aus seinen Blasenbildern die Buchstaben seines Namens herauslesen kann.

Und Efas hat das A aus seinem Namen in ein dreidimensionales Objekt umgewandelt, das wie ein steil aufsteigendes Flugzeug aussieht. Auf den großformatigen Bildern von Seak erkennt man technische Formen, die durch natürliche Beigaben (Haare) verfremdet sind. Diese kleinen Raumschiffchen könnten auch fiktive Nanotechnologie-Objekte sein Nein, auch das sind codierte Buchstaben. Von Beruf sind sie Architekt, Grafiker oder auch Druckvorlagenhersteller, tatsächlich hat ihr nicht so ganz legales Jugendhobby die Künstler häufig in gestalterische Berufe gebracht. "Transforming style: Graffiti weitergedacht" nennen sie ihre Ausstellung. Sie sind alle um die 30 Jahre alt und können es sich nicht mehr leisten, sich nachts mit Sprühdosen herumzutreiben, wie Neck sagt.

Außerdem wolle man ja auch mal zurücktreten und sich ansehen, was man da tue. Auch könne man ja gar nicht mehr so schnell weglaufen wie früher. Ihre Pseudonyme haben sie zwar noch beibehalten, aber wenn sie heute noch sprühen, dann auf sogenannten "Legalflächen" oder solchen, auf die keiner mehr einen Besitzanspruch erhebt. Oder sie betätigen sich gleich auf dem Gebiet der Kunst, was wie man jetzt sehen darf zu einigen sehenswerten Ergebnissen führen kann.

05.11.04
Von Klaus M. Schmidt